Offener Brief zur ORF-Sendung "Blick in die Sterne"

03.10.2024

Die Professor*innen des Instituts für Astrophysik wenden sich in einem offenen Brief an ORF Programm-Direktorin Stefanie Groiss-Horowitz.

Sehr geehrte ORF Programm-Direktorin Stefanie Groiss-Horowitz,

wir schätzen Ihr Engagement für Programme, die Ihre Zuschauer*innen den Wundern des Kosmos näherbringen wollen. Eine Sendung über die Pseudowissenschaft Astrologie ist dafür allerdings leider nicht geeignet und widerspricht in unseren Augen dem Bildungsauftrag des ORF. Wir Astrophysiker*innen, Astronom*innen und Kosmolog*innen verbringen unsere Tage damit, das Universum zu erforschen und bemühen uns täglich, unseren Studierenden wie auch der Öffentlichkeit wissenschaftliche Erkenntnisse und insbesondere auch die Methoden des wissenschaftlichen Arbeitens näherzubringen. Astrologie hingegen bedient sich keiner wie auch immer gearteten wissenschaftlichen Methodik. Ihre Aussagen entbehren jeglicher Grundlage und haben nicht den geringsten Erkenntniswert. 

Der Astrologie im ORF Platz zu geben, legitimiert eine Pseudowissenschaft, insbesondere wenn dies noch mit falschen Zitaten echter Wissenschaftler*innen geschieht (im aktuellen Fall ein grob falsches Zitat von Albert Einstein, der sicher kein Unterstützer der Astrologie war). Dies ereignet sich in einer Zeit und einem Land, in dem im internationalen Vergleich eine ungesunde und unbegründete Wissenschaftsskepsis besteht (es gibt genügend Studien dazu, z.B. Eurobarometer 2010 und 2018). Dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk, dem ORF, kommt dabei eine ganz besondere Rolle zu. Sein Bildungsauftrag sollte mithelfen, Verständnis für die Erfolge, den Nutzen und die Arbeitsweise der Wissenschaft und Forschung in Österreich zu wecken. Astrologiesendungen machen genau das Gegenteil...

Auch wenn sich Astrolog*innen gerne übermäßig selbstbewusst äußern, sind ihre Vorhersagen nicht besser als der reine Zufall (siehe https://www.clearerthinking.org/post/can-astrologers-use-astrological-charts-to-understand-people-s-character-and-lives-our-new-study-pu). Sie widersprechen jeglicher physikalischer Einsicht und Erkenntnis. 

Das Universum ist unendlich faszinierend, und wir würden uns freuen, zu Programmen beizutragen, die seine echten Wunder zeigen. Um einen anderen nie von Albert Einstein geäußerten Satz zu zitieren: „Das Universum ist ein wunderschöner, geheimnisvoller Ort — lasst uns das nicht dadurch entwerten, dass wir behaupten, die Venus habe eine Meinung über unser Liebesleben.“ Dass wir immer mehr über dieses fassbare und gleichzeitig ferne Universum und unseren Platz darin lernen, ist doch spannender und unterhaltsamer als die unfassbaren Behauptungen unbegründeter Sterndeuterei. 

 

Mit freundlichen Grüßen

 

Univ.-Prof. Dr. João Alves, ehem. Dekan der Fakultät für Geowissenschaften, Geographie und Astronomie

Univ.-Prof. Dr. Manuel Güdel

Assoz. Prof. Dr. Alvaro Hacar, stellv. Vorstand des Instituts f. Astrophysik

Univ.-Prof. Dr. Oliver Hahn, stellv. Vorstand des Instituts f. Astrophysik

Univ.-Prof. em. Dr. Gerhard Hensler, ehem. Dekan der Fakultät für Geowissenschaften, Geographie und Astronomie

Univ.-Prof. Dr. Franz Kerschbaum, Vizedekan der Fakultät für Geowissenschaften, Geographie und Astronomie

Ass.-Prof. Dr. Kristina Kislyakova

Univ.-Prof. Dr. Glenn van de Ven, Vorstand des Instituts f. Astrophysik

Ao. Univ.-Prof. Dr. Werner Zeilinger

Univ.-Prof. Dr. Bodo Ziegler

 

(Institut für Astrophysik, Fakultät für Geowissenschaften, Geographie und Astronomie, Universität Wien)

 

 

HH 211, Credit: ESA/Webb, NASA, CSA, T. Ray (Dublin Institute for Advanced Studies)

HH 211, Credit: ESA/Webb, NASA, CSA, T. Ray (Dublin Institute for Advanced Studies)